AGNI YOGA WEB TV
SENDEREIHE
„EINFÜHRUNG IN AGNI YOGA“
SENDUNG 15
Die Neue Welt: Rechtspflege, Eigentum, Städte, Wissenschaft, Landwirtschaft, Medien,
Armee und Polizei, Kunst, Kirchen, Priester
Meine Damen und Herren,
wir setzen unsere Beschreibung der Neuen Welt fort
und betrachten weitere gesellschaftliche Institutionen wie: Rechtspflege,
Eigentum, Städte, Wissenschaft, Landwirtschaft, Medien, Armee und Polizei,
Kunst und Kirchen.
1. Rechtspflege als heilige Handlung
Gottlieb
Doebler „Immanuel Kant“
Der große und wichtige Bereich der Rechtspflege
(Gesetzgebung, Verwaltung, Polizei, Staatsanwälte, Richter, Rechtsanwälte) muss
sich wieder auf seine eigentliche Aufgabe besinnen: Er dient allein dazu,
Gerechtigkeit auf Erden zu schaffen.
Wenn die
Gerechtigkeit untergeht, hat es keinen Wert mehr, dass Menschen auf Erden
leben. (Immanuel Kant)
Die Herrschaft des geistigen Prinzips des Rechtes
gegen rohe Gewalt oder materielle Mittel durchzusetzen, ist eine der größten
Errungenschaften der Menschheit. Gerechtigkeit ist - neben Frieden - das
höchste Gut, das der Staat zu spenden hat. Wer Gerechtigkeit schafft, schafft
ebenfalls Frieden, nämlich Rechtsfrieden unter den Menschen.
Es gibt keine
edlere Tätigkeit, als Frieden zu stiften; aber es ist auch die mühsamste und
schwierigste. (HR I/3, 83; Brief vom 18.04.1935)
Die Seele dürstet geradezu nach Gerechtigkeit. Wie
Kranke körperlich, so leiden die Menschen geistig, wenn sie Ungerechtigkeit
erleben - an sich selbst oder bei anderen. Die Diener der Rechtspflege sollen
wie Ärzte diese Schmerzen lindern.
Wie sich das
Pferd aufbäumt bei einem Hieb der Peitsche, so erbebt die Seele bei
Ungerechtigkeit. (BGM I, 181 [206])
Wenn wir das Reich Gottes auf Erden schaffen wollen,
wenn die Bitte „Dein Reich komme, Dein
Wille geschehe, wie im Himmel so auf Erden“ (Mt 6, 10) in Erfüllung gehen soll, müssen wir vor allem
Gerechtigkeit herstellen.
Die Feurige
Welt wird durch Gerechtigkeit aufrechterhalten. (FW III, 547)
Wer als Gesetzgeber oder Richter dem Volk
Gerechtigkeit vermittelt, ist wie ein Priester, der eine göttliche Gabe
spendet. In seinem Spruch manifestiert sich ein Geist: Entweder der göttliche
Geist oder ein Ungeist.
In der Rechtsfindung soll sich die höhere Welt mit
ihren Prinzipien unter den Menschen verkörpern! Deshalb wird in vielen Kulturen
nicht zwischen dem Theologen und dem Rechtsgelehrten unterschieden:
Gerechtigkeit schaffen heißt, einen Aspekt des Göttlichen verwirklichen; heißt,
den höheren Willen zu erkennen und durchzusetzen.
Gerechtigkeit
ist gleichbedeutend mit göttlichem Willen. (TL III, 107)
Die Pflege des Rechts ist eine heilige Handlung.
Spüren wir davon noch etwas in den Parlamenten und Gerichtssälen, in den Büros
und Kanzleien? Die Gerechtigkeit ist unter die Wölfe gefallen:
Da sind die Parlamentarier, die Macht- und
Gruppeninteressen vertreten; verbeamtete Richter und Staatsanwälte, die gar
nicht mehr wissen, wem oder was sie dienen; die Rechtsanwälte, die wie
Geschäftsleute nur noch darauf aus sind, an ihren Mandanten zu verdienen; und
schließlich auch die Rechtsuchenden selbst, die nicht mehr nach Gerechtigkeit
verlangen, sondern das Justizsystem als ein Werkzeug missbrauchen, um ihre
egoistischen, persönlichen Interessen durchzusetzen.
Die
menschlichen Gesetze haben den Zugang zum gerechten Urteil ganz verdunkelt.
(BGM I, 257 [293])
2. Gerechtigkeit als absolutes Prinzip
In den Gesetzesbegründungen und Gerichtsurteilen, in
den Plädoyers der Rechts- und Staatsanwälte unserer Tage kommt das Wort
„Gerechtigkeit“ gar nicht mehr vor. Die Justiz beschränkt sich darauf,
lautstark angemeldete Interessen kompromissweise gegeneinander abzuwägen und
abzugrenzen. Je lauter einer schreit, desto größere Aussicht hat er,
berücksichtigt zu werden, zumindest mit einem Teil seiner Forderung. Wer sich
nicht vordrängen kann oder will, findet kaum Beachtung.
*****
Gerechtigkeit schaffen bedeutet aber mehr als
Interessenausgleich. Dazu bedarf es einer klaren Entscheidung, welches
Interesse berechtigt ist und welches nicht. Ein solches Urteil kann nur unter
Rückgriff auf höhere Prinzipien gefällt werden.
Beim Interessenausgleich werden nur Interessen
aneinander gemessen. Es siegt - ganz oder teilweise - ein Interesse über das
andere. „Recht“ kommt dabei nicht zustande, nur Interessenherrschaft. Recht
finden heißt, jedes einzelne Vorbringen nicht am Gegenvorbringen, sondern an
dem höheren Prinzip zu messen.
Einer der wichtigsten Paragraphen des Agni Yoga
lautet:
Der Sieg des
Geistes besteht in der Durchsetzung unabänderlicher Prinzipien. (Herz 71)
Es ist ganz wichtig, dass Sie erkennen: Basis der
Entscheidungsfindung kann nur ein absoluter Wert sein. Relative Begriffe geben
keine Orientierung.
Es kann nur
ein unveränderlicher Wert angenommen werden; so werden wir es lernen, diesen
Wert zu behüten und zu verwirklichen. (FW I, 202)
Wie es nur eine Wahrheit gibt, so kann auch in einem
Streitfall nur eine der beiden Seiten Recht haben. Aufgabe der Justiz ist es,
dieses Recht zu finden und damit auch den richtigen Weg aufzuzeigen: Nämlich
den Obsiegenden zu bestätigen und den Unterlegenen auf den Pfad der Tugend
zurückzuführen.
Die Schwäche der Zeit glaubt nicht mehr an die eine
Wahrheit, an die Gültigkeit unabänderlicher Prinzipien. Sie hält Gerechtigkeit
für einen relativen, nicht für einen absoluten Begriff.
Die Menschen
gehen fälschlicherweise davon aus, Gerechtigkeit sei ein relativer Begriff;
jeder habe seine eigene Gerechtigkeit und sein eigenes Gutes. Solcher Irrtum
kann Schaden verursachen, der nicht wiedergutzumachen ist. Gerechtigkeit und
das Gute scheinen unbestimmte Begriffe zu sein, doch braucht man nur auf das
Wesen des Bewusstseins zu blicken, um die unzerstörbare Grundlage des Daseins
zu erfühlen. (Br II, 820)
Die Menschen
bringen es zuwege, viele „Gerechtigkeiten“ zu erfinden. Sie kennen eine
persönliche Gerechtigkeit, eine Familien-, Sippen-, Stammes- und
Rassengerechtigkeit. Sie verstecken sich hinter einer dienstlichen, schulischen
und beruflichen Gerechtigkeit. Es ist nicht möglich, alle menschlichen
Gerechtigkeiten aufzuzählen! (Br II, 610)
Diese Auffassung ist falsch. „Gerechtigkeit“ ist ein
Prinzip der höheren Welt, das in jedem Einzelfall verborgen liegt und durch die
Diener der Rechtspflege herausgearbeitet werden muss. Entweder herrscht
Gerechtigkeit oder Ungerechtigkeit - Relativität, eine Mitte zwischen beiden,
gibt es nicht.
*****
Ein Beispiel: Wenn ich Zahlung von € 100 von Ihnen
fordere und Sie dies ablehnen, kann nur einer von uns beiden Recht haben. Einen
„Mittelweg“ dazwischen gibt es nicht. Es kann sein, dass mir nur € 25 zustehen,
aber das ist etwas anderes: Dann habe ich eben hinsichtlich € 25 Recht und
hinsichtlich € 75 Unrecht. Aber bei einer Frage, die mit „ja“ oder „nein“
beantwortet werden muss, können nicht beide Positionen Recht haben, auch nicht
teilweise.
Die Heuchler
sagen, Ungerechtigkeit sei ein relativer Begriff. Entgegnet ihnen, dass
Ungerechtigkeit in jedem einzelnen Fall eine unverkennbare Erscheinung ist und
dass ein feinfühliges Herz die Grenze der Ungerechtigkeit ausgezeichnet
wahrnimmt. (Br II, 601)
3. Richter
Nicolas
Poussin „Das Urteil Salomos“
Die Richter und ihre Gehilfen sollten weder Beamte
noch Wissenschaftler noch Geschäftsleute sein, sondern Weise wie Salomo, die
das Wesen eines Menschen und einer Situation und damit die in ihr verborgene
Gerechtigkeit mit dem Gefühlswissen ihres Herzens erkennen können.
Angehende
Richter sollten nicht nur nach Kenntnis von Paragraphen geprüft werden, sondern
vor allem in Bezug auf ihre Fähigkeit, das menschliche Herz zu erkennen. Man
kann verschiedene Fachleute hinzuziehen, aber Richter müssen selbst ein
ausreichend erleuchtetes Bewusstsein besitzen. Der Führer muss das Bewusstsein
der Richter selbst überprüfen. Die Rechtsprechung ist Ausdruck eines edlen
Staatsaufbaus. (GF 19)
Man muss das
Wesen dessen, was vor sich geht, über das Herz wahrnehmen. (FW II, 277)
Wahrhaftig,
nur das Herz vermag in alle Tätigkeiten, alle Beweggründe und alle Wesen
einzudringen und zu erkennen. (FW III, 101)
Dazu ist vor allem psychische Energie erforderlich.
Sie ist, wie wir schon gesagt hatten (Sendereihe „Einführung in Agni Yoga“,
Sendung 14 „Psychische Energie“), in der Lage, unfehlbar die Wahrheit zu
ermitteln.
Wir nennen
die psychische Energie auch „Gerechtigkeit“. Wenn man durch die Einwirkung der
Energie die verschiedenen Eigenschaften der Menschen erkennen kann, wird dies
sicherlich der Weg der Gerechtigkeit sein. Die psychische Energie zu Hilfe
rufen zu können, wird die wahre Zierde eines Richters sein. (AUM 475)
Schon Platon
lehrte: Die Weisen müssen den Staat führen. Ebenso sagt die Bibel: Die Reinen, Weisen und Heiligen
sind die wahren Richter.
Wie darf
jemand unter euch, wenn er einen Streit hat mit einem anderen, sein Recht
suchen vor den Ungerechten und nicht vor den Heiligen? Wisset ihr nicht, dass
die Heiligen die Welt richten werden? Ist denn gar kein Weiser unter euch, auch
nicht einer, der da könnte richten zwischen Bruder und Bruder? (1. Kor. 6, 1,
2, 5)
Recht setzen oder sprechen kann nur, wer Ziel und
Bestimmung der Menschheit und die kosmischen Gesetze kennt.
Können
Gesetzgeber und Richter irdische Gesetze beschließen, ohne die Gesetze des
Universums zu kennen? Wie können sie irdisches Recht verwalten, ohne einen
Begriff von der universellen Gerechtigkeit zu haben? Man kann die Erde nicht
von den anderen Welten trennen; man muss die Wechselwirkung zwischen der
irdischen und der feinstofflichen Welt verstehen, um das Recht zu erwerben,
über das Vorgehen der Menschen zu richten. Ohne ein klares Bild der
evolutionären Situation wird das Gericht irren. Wahrhaftig, der Richter nimmt
eine große Verantwortung auf sich, wenn er das Steuer der universellen
Gerechtigkeit führt. (AUM 298)
Wir können natürlich nicht ausschließen, dass auch
weise und selbstlose Diener einmal zu verschiedenen Auffassungen darüber
kommen, wo die Gerechtigkeit eines Falles liegt. Das bedeutet aber nicht, dass
es verschiedene Gerechtigkeiten gibt, sondern nur, dass die Fähigkeit des
Menschen, die Wahrheit zu erkennen, begrenzt ist.
Die Wahrheit
ist dieselbe, aber die Verbindungen sind entsprechend dem Bewusstsein
verschieden. (Herz 5)
Den Ausweg weist das hierarchische Prinzip: Die
obersten Gerichte, die schließlich das letzte Wort haben, müssen mit geistig
hochstehenden Menschen besetzt werden, die der überirdischen Welt so nahe
stehen, dass wir hoffen können, dass sie das Richtige finden werden.
Jenseits der
irdischen Gesetze wissen die Gerechten, wo die Wahrheit liegt. (FW I, 364)
Richter
müssen wissend und rechtschaffen sein. Man kann das Niveau eines ganzen Volkes
an seinen Richtern erkennen. (Br II, 194)
4. Rechtspflege im Interesse des Gemeinnutzens
Honoré Daumier
„Juristen“
Die Haltung des alten Menschen ist: Die eigenen
Interessen ohne Rücksicht auf deren Gerechtigkeit mit allen rechtlichen Mitteln
durchboxen.
Der Unsterbliche dagegen erkennt: Gerechtigkeit ist
ein Prinzip, dessen Herrschaft allen nützt. Wenn sie in einem Fall durchbrochen
wird, leidet das ganze System und damit jeder einzelne! Es schadet also auf
lange Sicht sich selbst, wer daran mitwirkt, das Recht zu verletzen, das System
der Gerechtigkeit zu unterhöhlen.
Wenn eine
Partei in einer Auseinandersetzung absichtlich bestimmte Tatsachen
unterschlägt, die das Recht ihres Gegners bestätigen würden, und zwar deshalb,
weil sie persönliche Wünsche oder Vorstellungen durchsetzen möchte, tut sie
nicht nur ihrem Gegner Unrecht, sondern errichtet auch eine Mauer zwischen sich
und ihrem Gott. Beweist eure Sehnsucht nach Gerechtigkeit, mit der ihr euch so
brüstet, dadurch, dass ihr gerecht zueinander seid. (TL VII, 352 = TL VIII,
402)
Der vermeintliche Einzelfall einer Rechtsverletzung
ist ein Krankheitsherd, der sich ausbreitet: Der Gegner, dem Unrecht
zuteilwird, mag den Schluss ziehen, in Zukunft ebenfalls die eigenen Belange
ohne Rücksicht auf Gerechtigkeit durchzusetzen. Der Richter wird durch eine
Abweichung von dem ehernen Prinzip korrumpiert und entscheidet beim nächsten
Mal leichter wieder falsch. Andere hören von dem Fall und werden sich sagen:
Gerechtigkeit zählt nicht mehr, nun müssen auch wir sie nicht mehr achten.
Damit zieht zum Nachteil aller Unrecht in die Gesellschaft ein.
*****
Das System wird zum wahren Nutzen aller gestärkt, wenn
sich in jedem einzelnen Streitfall alle Beteiligten bemühen, die Gerechtigkeit
zu achten, zu wahren und zu verwirklichen. Es wird zum Schaden aller
geschwächt, wenn sie aus Egoismus oder sonst niedrigen Beweggründen die
Gerechtigkeit mit Füßen treten.
*****
Wenn wir die Neue Welt errichten wollen, müssen wir
alle unseren Egoismus überwinden und eine vollkommen neue Haltung annehmen: Der
Ruf: „Ich fordere mein gutes Recht“ ist das alte, überholte, selbstsüchtige
Prinzip. Der Neue Mensch sagt: „Lasst uns gemeinsam die Gerechtigkeit des
Falles suchen.“
Das überkommene kontradiktorische Rechtssystem mit
unwürdig miteinander streitenden Anwälten ist überholt: In der Neuen Welt
werden die Beteiligten nicht gegeneinander, sondern miteinander arbeiten, um
Wahrheit und Gerechtigkeit zu finden.
*****
Wir sehen: Gerechtigkeit ist ein Regime, das sich
durchsetzt, wenn alle sich bemühen, es in ihrem kleinen alltäglichen Leben zu
verwirklichen. Dagegen gewinnt der Ungeist, wenn der einzelne die Grundlagen
verrät. Der Kampf zwischen Geist und Materialismus ist besonders auf diesem
Gebiet zu führen.
5. Neue Eigentumsordnung
Wir haben in dem Video „Selbstlosigkeit“ (Sendereihe
„Die 10 Grundpfeiler der Praxis des Agni Yoga“, 6. Pfeiler) schon über die neue
Eigentumsordnung gesprochen:
Alles, was wir besitzen, haben wir im Namen und im
Auftrag der Hierarchie treuhänderisch zu verwalten und selbstlos für den Dienst
am Allgemeinwohl und den Fortschritt der Evolution zu nutzen.
6. Großstädte ungeeignet
Es entspricht der Natur des Menschen, in
überschaubaren Gemeinschaften mit geistig Gleichgesinnten zusammenzuleben.
Dafür ist die Lebensform der Großstädte ungeeignet. Ihre vergiftete Atmosphäre,
in der die Menschen, millionenfach zusammengeballt, ihre niederen Bestrebungen
noch gegenseitig verstärken, ist für den geistigen Schüler unerträglich.
Ein Schüler,
der eine bestimmte geistige Entwicklungsstufe erreicht hat, kann sich nicht so
lange in der unreinen Atmosphäre der Städte aufhalten, er muss sich in die
Natur zurückziehen, um Prana zu speichern und ein mehr oder minder
zurückgezogenes Leben zu führen. Christus, Buddha und andere große Lehrer zogen
sich oft in die Wüste zurück und blieben nie lange an einem Ort. (HR II/1, 37,
84, 140)
Es ist nicht gesund, dass der König der Erde weite
Teile des Planeten unbesiedelt lässt und sich in wenigen Zentren unter
unwürdigen Umständen zusammendrängt.
Euer Urteil
über die Notwendigkeit, aus den eiternden Städten auszuziehen und die
Bevölkerung des Planeten gleichmäßig zu verteilen, ist richtig. Da die
Menschheit grundsätzlich ein Feuerträger ist, wie kann man dann nicht
verstehen, wie äußerst notwendig die weise Verteilung dieses Elementes ist? Man
muss verstehen, dass die Krankheit des Planeten in hohem Grad vom menschlichen
Gleichgewicht abhängt. Es geht nicht an, ungeheure Weiten zu verlassen und sich
in brudermörderischer Überfüllung an infizierten und blutgetränkten Plätzen
zusammenzurotten. (FW I, 323)
Die Menschen müssen sich gleichmäßig über die Erde
verteilen und möglichst in der Natur leben.
Viele werden
aus den Städten in die Natur ziehen müssen. (FW I, 321)
Es sind Fälle
bekannt, da Stadtbewohner sich als einfache Landarbeiter verdingten, um der
krankmachenden Umgebung der großen Städte zu entfliehen. Dieser Entschluss ist
lobenswert, wenn es gelingt, in der neuen Umgebung großen Menschenansammlungen
zu entgehen. (Br II, 340)
Das Leben auf dem Land wird wieder attraktiv werden.
Bei den heutigen technischen Möglichkeiten ist kein Stadtleben mehr
erforderlich.
Das Leben in
der Natur muss anziehend gestaltet und als selbstverständlich erachtet werden.
Die neuen Erfindungen gestatten es ohnedies, selbst an weitentlegenen Orten die
kulturellen Errungenschaften zu nutzen. Wenn die Schulen den Sinn des Lebens in
der Selbstvervollkommnung aufzeigen, werden die Menschen auch zunehmend nach
einem Leben in der freien Natur streben. (GF 99)
Für die Geistigen ist das Dorf die angemessene
Lebensweise. Dort leben sie einfach, im Einklang mit der Natur und
umweltverträglich. Sie versorgen und regieren sich weitgehend selbst.
Solange der
Mensch unverdrossen Stockwerk auf Stockwerk setzt und unzählige Menschen auf
engstem Raum zusammenpfercht, muss die Welt eben leiden. Würde man die
richtigen Methoden anwenden, bräuchten sich die Menschen nicht so in großen
Städten zusammenzudrängen. Würden wir dem Rat der Meister folgen, aufs flache
Land zurückkehren, normal und natürlich leben und unsere Geschäftszentren
richtig aufbauen, würde die Natur mit und für uns arbeiten statt gegen uns. (TL
VII, 372)
Das Dorf ist eine überschaubare Gemeinschaft, in der
am ehesten das Prinzip verwirklicht werden kann: Jeder leistet nach seinen
Möglichkeiten in der Gemeinschaft Dienst und nimmt die Leistungen anderer nach
seinen Bedürfnissen in Anspruch.
Die persönliche Bindung ermöglicht unmittelbare
Verantwortung für die Menschen in der Nähe; sie fängt die Bedürftigen,
besonders die Jüngsten und die Ältesten, auf natürliche Weise auf; sie räumt
jedermann seinen angemessenen und würdigen Platz ein; sie vermeidet die im
Grunde menschenfeindlichen riesigen Systeme der sozialen Sicherung, der
Industrialisierung und des Massenkonsums.
*****
Das Dorf kann eine neue Form des Klosters, eines
modernen geistigen Zentrums werden: Gleichgesinnte leben mit ihren Familien
nach festen Regeln zusammen, widmen sich der Kontemplation, der Ausbildung und
dem Dienst und bewahren dabei Individualität und Privatsphäre.
Wenn die Zeit
kommt, in der ihr in der Lage sein werdet, euch ein Stück Land mit genügend
großer Hektarfläche zu erwerben, euch eine wirkliche Heimstätte auf diesem Land
zu gründen und um diesen Mittelpunkt eine ausreichende Zahl junger Leute zu
versammeln, die in jeder Beziehung gut ausgebildet werden können, dann habt ihr
weit mehr für die Menschheit getan als das berühmteste College der Welt je
geleistet hat.
Eine
kooperative Landwirtschaft, wo eine bestimmte Anzahl Stunden täglich
wechselweise der Ausbildung, der praktischen Arbeit und der Erholung dient, wo
sich Intelligenz und Geschick mit der rein körperlichen Kraft verbinden, wo
Zeiten gesunder, lebensspendender Übungen von Stunden der Erholung abgelöst
werden, wo tüchtigste Gärtner, Landwirte, Obstzüchter und Forstleute
herangebildet werden können, von denen die Welt, in der Vergangenheit wie
heute, in allem abhängt, was das Leben im esoterischen Sinne lebenswert macht -
das ist ein schönes Ziel für alle wirklichen Templer, ein Werk, für welches
Millionen noch Ungeborener sie einst segnen werden!
Wenn viele
dieser Tausende von auf dem College gezüchteten Versagern zu Hause geblieben
und in der Kunst des wissenschaftlichen Landbaus unterwiesen worden wären,
würden sie heute zu dem Heer glücklicher, zufriedener Produzenten gehören,
statt zum Heer der trägen und unnützen Konsumenten von Nahrung, Kleidung und
Wohnungen, die von anderen, besseren Männern erzeugt worden sind.
Hunderttausende
Hektar Land liegen heute brach, weil es keine Leute gibt, die sie bearbeiten
könnten. Stattdessen sind die Städte bis zum Ersticken mit diesem unproduktiven
Element gefüllt. (TL VII, 339)
7. Wissenschaft
In die Wissenschaft muss ein vollkommen neuer Geist
einziehen. Sie muss selbstlos dem Allgemeinwohl dienen und nichts als die
Wahrheit suchen. Das Zutagefördern von neuem, höherem Wissen ist ein heiliger
Akt!
*****
Die Neue Zeit benötigt Forscher neuer Art: Der heutige
Wissenschaftler ist aus Eitelkeit egoistisch bestrebt, auf alle Kosten seine
persönliche Leistung in den Vordergrund zu schieben. Wird es nicht viel
fruchtbarer sein, in Zusammenarbeit mit anderen zur Wahrheit vorzustoßen?
Die Gebote
der Grundlagen werden einem Wissenschaftler unbezwingliches Entzücken
verleihen, der voranschreitet, ohne sich durch Egoismus zu begrenzen, sondern
seine Forschungen ehrlich und zum Wohle der anderen betreibt. (FW I, 666)
Parteigutachten im Interesse eines Geldgebers
gefährden die Unabhängigkeit und ausschließliche Verpflichtung des Forschers
der Wahrheit gegenüber. Die Neue Ordnung muss dafür sorgen, dass die
Wissenschaft von Personen betrieben wird, die diesen Gefahren nicht erliegen.
Wir sind
nicht gegen Laboratorien und westliche Methoden, doch Wir fordern, dass sich
ihnen Ehrlichkeit, Leistungsfähigkeit und der Mut der Unparteilichkeit
hinzugesellen. (Hier 71)
In der Neuen Welt wird der Charakter, die
Zuverlässigkeit eines Wissenschaftlers noch bedeutsamer sein als seine
fachliche Leistung. Die Gemeinschaft vertraut ihm Entscheidungen von höchster
Bedeutung an: Denken wir nur an Atomenergie oder Gentechnik. Sie hat ein Recht
darauf, dass ihre Fragen von Personen beantwortet werden, deren Integrität und
alleinige Verpflichtung der Wahrheit gegenüber außerhalb jeden Zweifels stehen.
Die
gegenwärtige Schwierigkeit besteht darin, dass sich Menschen angeblich im Namen
der Wissenschaft versammeln, die kein Vertrauen verdienen. (Herz 422)
Eine geistige Hierarchie der besten Wissenschaftler
muss in der Lage sein, auch in einer schwierigen Frage zu einer
einvernehmlichen Empfehlung an die Gemeinschaft zu kommen - wenn alle
Beteiligten zusammenarbeiten und nichts als die Wahrheit suchen. Nur auf eine
solche Entscheidung kann die Gemeinschaft bauen.
*****
Die neue göttliche Wissenschaft, über die wir schon
gesprochen haben (Sendereihe "Einführung in Agni Yoga", Sendung 3
"Erweiterung des Bewusstseins") verlangt eine Synthese von religiöser
und intellektueller Erkenntnis. Entsprechend müssen die Gelehrten der Neuen
Welt auch über spirituelle Fähigkeiten verfügen.
Religion und
Wissenschaft dürfen ihrem Wesen nach nicht getrennt werden. Deshalb sollten
Wissenschaftler über feinstoffliche, okkulte Aufnahmefähigkeit verfügen. Doch
über diese göttliche, sich von innen und nicht von außen entwickelnde
Aufnahmefähigkeit kann nur ein verfeinerter Organismus verfügen. Deshalb werden
große Entdeckungen zum Wohle der Menschheit nicht von riesigen Laboratorien
ausgehen, sondern vom Geist jener Wissenschaftler enthüllt werden, die über die
Synthese verfügen. (FW III, 60)
8. Landwirtschaft
Die Landwirtschaft ist die einzige der
gesellschaftlichen Institutionen, für die es schon heute ein lebendiges Vorbild
für den Neuen Aufbau gibt: Die biologische Landwirtschaft zeigt, wie man seinen
Beruf verantwortlich auf geistiger Grundlage im Dienst der Allgemeinheit
ausüben kann. Hier ist die alte, unverantwortliche Misshandlung der Schöpfung
überwunden.
Nach diesem Beispiel müssen wir in unseren Berufen
ethisch reine Dienstleistungen auch für alle anderen Bedürfnisse des Körpers
und der Seele unserer Mitmenschen anbieten. Das ist selbst in den Städten
möglich - und nötig.
9. Medien
Wahrheit ist die Grundlage jeden höheren Aufbaus.
Seelen dürsten nach Wahrheit. Wer dem Volk die
Wahrheit vermittelt, ist wie ein Priester, der ein göttliches Gut spendet.
Nur die
Wahrheit kann dieser Welt Erlösung bringen, und jede willentliche Abweichung
von der Wahrheit wird die Last des Leides nur vergrößern und den Tag der
Erlösung hinausschieben. Dagegen wird jede mutig ausgesprochene Wahrheit die
Last des Leides verringern und den kommenden Tag der Erlösung beschleunigen.
(TL VII, 346)
Die geistige Degenerierung der modernen Gesellschaft
ist an der Rolle der Medien klar erkennbar. An sich ist ihnen neben
Gesetzgebung, Verwaltung und Rechtsprechung die wichtige Aufgabe einer „vierten
Kraft“ im Staat zugewiesen: Einer Kontrollinstanz, die ohne äußere Zwangs- oder
Gewaltmittel die staatlichen Organe, das Funktionieren des gesellschaftlichen
Lebens überwacht und die Macht durch rein geistige Autorität in ihre Schranken
weist. Die Medien sind dazu da, der Aufdeckung der Wahrheit zu dienen.
Nur Ichsucht
verleitet den Geist dazu, die Wahrheit zu verbergen. Nicht Verheimlichung,
sondern Aufdeckung ist die erste Pflicht des Dieners des Lichts. (FW III, 277)
Davon sind wir heute weit entfernt. Der Geist des
Egoismus und Gewinnstrebens hat die meisten Medien korrumpiert. Es geht nicht
mehr um Qualität, sondern nur noch um Verkaufs- oder Einschaltquoten. Gebracht
wird, was vermarktet werden kann. Die Wahrheit kommt dabei allenfalls noch
zufällig zum Vorschein.
Die Spalten
der Zeitungen sind derzeit in den meisten Fällen mit so viel Verleumdung,
Grobheit und Gemeinheit angefüllt, dass es sogar einen Scherz gibt: Obwohl es
in der Zeitung stand, scheint es wahr zu sein! Das gedruckte Wort hat die
ehemalige unantastbare Autorität eingebüßt, es erfüllt nicht mehr die hohe
Aufgabe, der breiten Masse das Licht zu bringen. Heutzutage gibt es nicht
wenige Zeitungen, die keine Verbreiter der Aufklärung mehr sind, sondern -
leider - Treibhäuser aller Art von Schwindel, um es milde auszudrücken. (HR
II/2, 550, 551; Brief vom 26.01.1939)
Insgesamt wird ein entstelltes Bild der Wirklichkeit
gezeichnet.
Die
Menschheit entstellt vom Kleinen bis zum Großen alle Wahrheiten. (FW III, 153)
Die Welt ist
mit den Geschwüren menschlicher Laster und Ausgeburten bedeckt. Eines der
größten Geschwüre ist die Unwahrheit. (FW III, 285)
Nichts aber richtet so viel Schaden an, wirkt so
zersetzend wie die Lüge: Die Wahrheit ist, wie die Gerechtigkeit, ein System,
das durch die täglichen Gedanken, Worte und Handlungen jedes einzelnen von uns
entweder gestärkt oder unterminiert wird. Auch dieses Prinzip setzt sich nur
durch, wenn wir Menschen uns bemühen, es zu verwirklichen.
Mögen die
Menschen es sich zu eigen machen, aus ihrem Herzen die vielen kleinen Lügen zu
verbannen und im Leben die Wahrheit zu befolgen. Nichts ist so zerstörerisch
wie eine bewusste schadenbringende Entstellung der Wirklichkeit. (Hier 332)
Wenn die Masse der Menschen ständig von der Wahrheit
abweicht, kann sie nicht herrschen auf Erden - zum Schaden aller.
„Soziale
Übereinkunft“, „geschäftliche Notwendigkeit“, „verzeihliche Ausflucht“, so
pflegt ihr es unter euch auszudrücken, wenn ihr verheimlichen wollt, dass ihr
Angst habt, euch einer Herausforderung zu stellen. „Ein bisschen Schmiere ins
Getriebe des Lebens“, „Aufrechterhaltung der Selbstachtung“, so heißt es bei
euch – doch ich nenne es: eine Lüge. (TL VII, 346)
10. Zerstreuung
Das meiste, was heutzutage als „Information“ mit
großem Anspruch an Wichtigkeit verbreitet wird, ist für die wahre, höhere Natur
des Menschen ohne jede Bedeutung.
Der Schmutz und Schund, den Zeitungen, Zeitschriften,
Radio und Fernsehen täglich in unsere Häuser spülen, vergiftet tatsächlich die
Atmosphäre - im geistigen Sinne. Vergegenwärtigen Sie sich doch einmal, welche
unreinen Strahlen die Sendestationen ununterbrochen in den Raum schicken, und
wie diese Ihr Heim und Sie selbst durchdringen. Insofern sind viele Medien
heute, bewusst oder unbewusst, Werkzeuge der Finsternis.
*****
Die modernen Massenmedien spielen eine besonders
schädliche Rolle bei der Verabreichung des süßen Geistesgiftes der Zerstreuung.
Sie locken die Menschen rund um die Uhr mit ihrer Unterhaltung und überfluten
sie mit ihren Reizen. Damit verhindern sie die ruhige Sammlung, die
Konzentration auf das Wesentliche, die ernsthaften Beschäftigung mit einer
wertvollen Sache und den Dienst an einer hohen Aufgabe.
Die Menschen
ersetzen Konzentration durch Vergnügungen. Doch wurde Zerstreuung angeordnet?
Überall wurde auf die Tat verwiesen, doch nicht auf das Chaos der Verzettelung.
(Herz 439)
Sie lenken vom höheren Selbst und den wahren
Bedürfnissen des Menschen ab. Sie verführen dazu, nicht mehr selbst zu träumen,
sondern die Träume anderer zu konsumieren. Sie verweichlichen uns derart, dass
wir am Ende die harte Arbeit scheuen, die erforderlich ist, um einen Traum zu
verwirklichen.
*****
Befreie Dich - sei selbst schöpferisch! Die Welt, die
Du in Deinem eigenen Inneren vorfindest; die Welt, in die Du Dich in der
Meditation versetzt; die Welt, die Du Dir selbst schaffst, indem Du als
Weisheitsschüler im Aschram Deines Lehrers lebst - ist unvergleichlich viel
schöner und fruchtbarer als die Scheinwelt der künstlichen Emotionen, die
andere für Dich bereiten und Dir zum Konsum vorsetzen.
*****
Die Unzufriedenheit mit den Verhältnissen, in denen
wir zu leben gezwungen sind, erklärt zwar die Bereitschaft, sich solche
Illusionen vorgaukeln zu lassen. Die bessere Lösung ist aber, eigene
Vorstellungen von einer höheren Welt zu entwickeln und hier unten auf der Erde
durchzusetzen.
11. Armee und Polizei
Frieden und Gerechtigkeit sind die höchsten Güter, die
der Staat zu spenden und zu verwalten hat. Wenn sie herrschen auf Erden,
regiert der göttliche Geist. Wenn sie erliegen, herrscht das Böse.
Die Regierung muss also diejenigen Mittel einsetzen,
die nötig sind, um Frieden und Gerechtigkeit gegenüber den Kräften des Chaos
durchzusetzen. Selbst Gewalt ist statthaft, wenn sich anders Angriffe nicht
abwehren lassen.
Keineswegs
wollen Wir ein Schauspiel schutzloser Schäflein bieten! (Gem 186)
Allerdings muss sie das allerletzte Mittel bleiben,
wenn alle anderen Möglichkeiten versagen.
In diesem Sinne ist auch der Einsatz der Soldaten und
Polizisten Gottesdienst.
Sicherlich,
die Verteidigung seines Landes ist jedermanns Pflicht. Gesegnet der Soldat des
Landes, das nicht selbst angreift. Die Verteidigung des Vaterlandes erfordert
verschiedene Mittel und Maßnahmen, das kann niemand leugnen. (HR II/2, 367;
Brief vom 31.07.1937)
Der Kampf gegen die finstere Seite muss allerdings vor
allem in der Weise geführt werden, dass möglichst viele der auf Abwege
Geratenen auf den rechten Weg zurückgeführt werden. Hier fehlt es an einem
geeigneten Konzept.
Insbesondere die Gefängnisse dienen diesem Ziel nicht.
Sie gehören zu den schlimmsten Lasterhöhlen der Zeit. Anstatt die
Rechtsverletzer zu bessern, führen sie sie nur noch weiter auf die schiefe
Bahn.
Es ist wider
die Vernunft, jemanden als Verbrecher zu behandeln, der eigentlich des Arztes
bedürfte. (TL IV, 172)
Es gibt nur ein wirksames Mittel, Unrecht
wiedergutzumachen: Arbeit für das Gute, das Allgemeinwohl. Und es gibt nur eine
Hoffnung, Übeltäter zu bessern: Sie in die heilsame Disziplin eines geordneten,
sinnvollen, arbeitsamen Lebens einzugliedern.
Ist das
Gefängnis nicht der Bruder des Friedhofes? Arbeit öffnet die Gefängnisse. (Gem
236)
Die Strafanstalten der Zukunft werden also eher
Arbeitsstätten gleichen, in denen ein besseres Leben praktisch eingeübt und
Gelegenheit zu wertvoller Tätigkeit geboten wird. Das Ziel muss sein, die
Krankheit des Verbrechers zu heilen.
12. Kunst
W. Kandinsky
„Reitendes Paar“
Wer dem Volk Schönheit vermittelt, ist wie ein
Priester, der eine göttliche Gabe spendet. Im Schönen offenbart sich der
göttliche Geist.
Schönheit ist wie Wahrheit und Gerechtigkeit ein
Prinzip, das durch die Gedanken, Worte und Handlungen jedes einzelnen von uns
gefördert oder zunichte gemacht. Sie setzt sich durch, wenn wir Menschen ihr
nacheifern.
*****
Der Künstler spürt dem Wirken des Geistes in der
materiellen Welt nach. Er sieht eine tiefere Wahrheit als die anderen. Die
Briefe und Äußerungen, die von großen Künstlern überliefert sind, zeigen, dass
sie spirituell hochstehende Menschen waren.
Kunst enthüllt den Geist in allen Dingen und zeigt
ihre Verbindung zu den höheren Sphären auf. Sie offenbart die Wirklichkeit
jenseits des Materiellen.
In Schönheit
offenbart sich die Unbegrenztheit. In Schönheit erstrahlen die Lehren für die
Sucher des Geistes. Jede Erkenntnis wird in Schönheit geboren. (BGM II, 318
[322])
Sie bringt eine Realität der geistigen Welt zu
materiellem Ausdruck.
Indem wir nach Schönheit streben, schaffen wir eine
Verbindung zwischen der höheren und unserer irdischen Welt.
Die Brücke
zwischen den beiden Welten kann verwirklicht werden, wenn die Taten von
Schönheit erfüllt sind. (FW III, 115)
Der Pfad zur
Feurigen Welt führt über das Herz und die Schönheit. (FW III, 250)
Wahre Kunst ist niemals intellektuell - sie erleuchtet
und verwandelt, sie erhebt unseren Geist.
Kunst ist der
höchste Ansporn für die Erneuerung des Geistes. Wahrlich, die Perlen der Kunst
erheben die Menschheit. (Hier 359)
Die
Ausdruckskraft der Kunst, die das göttliche Feuer hütet, erfüllt die Menschheit
mit jenem Feuer, das den Geist entflammt und alle Welten durchdringt. Wir
sahen, wie Kunstschöpfungen Menschen verwandelt haben - etwas, das keine
Bücherweisheit der Welt zustande bringt. (Hier 366)
Kunst ist tatsächlich in der Lage, die Menschen zu
bessern.
Das Schöne
hören und das Schöne betrachten bedeutet, besser zu werden. (Br II, 608)
Indem Kunst uns die Schönheit, die Vollkommenheit der
höheren Sphären vor Augen führt, weckt sie unsere Sehnsucht nach besseren
Verhältnissen auch hier unten auf der Erde.
Kunst erweckt
unser Sehnen nach Schönheit, nach dem Höchsten, und hier liegt ihre
hauptsächliche und große Bedeutung. (HR I/2, 53; Brief vom 19.06.1933)
Sie spornt uns an, den geistigen Weg zu beschreiten,
selbst der Vollkommenheit nachzustreben und die Erde dem Himmel anzunähern.
Die Welt
strebt nach krönender Vollkommenheit. Vielfältig sind die Pfade des Suchens.
Der nächste Pfad zur Vollkommenheit ist jener der Schönheit. (FW III, 23)
Wenn wir den Geist der Kunst aufnehmen und in uns
bewahren, statt ihn schon beim Verlassen des Museums oder Konzertsaales wieder
zu verraten, verwandeln wir unser irdisches Leben.
Der Mensch
erhebt sich, indem er sich dem Schönen nähert, indem er auf das Schöne blickt,
dem Schönen zuhört und über die Wege des Schönen nachdenkt. So wird
verständlich, dass Evolution unmöglich ist, wenn man sich nicht dem Schönen
nähert. (Br II, 783)
Die Menschheit muss allerdings noch lernen, mit den
großen Werken der Kunst ihrer Bestimmung gemäß umzugehen - das heißt, bewusst
von ihnen Gebrauch zu machen. Sie dienen nicht der Unterhaltung, sondern der
Erhebung, dem Trost, der Stärkung und der Erleuchtung.
Vor allem
muss man begreifen, dass die Werke der Kunst der Erziehung dienen und nicht der
Zerstreuung. (Gem 63)
Die Krise der Kunst in unseren Tagen weist auf die
Krise einer Gesellschaft hin, die die Weisheit und das Wissen um die höheren
Dinge verloren hat. Wir haben die im Äußeren, Materiellen verfangene Kunst, die
eine geistfeindliche Gesellschaft verdient.
13. Kirchen
Die Krise des spirituellen Lebens spiegelt sich in der
Krise der Kirchen wider.
Man kann nur
staunen, wie sehr Menschen Behauptungen aufstellen, an die sie selbst nicht
glauben. Die derzeitigen Kirchen sind das beste Beispiel dafür, wieso die
höchste Erscheinung das Leben nicht verändert. (Hier 103)
Sie haben ihren Einfluss in dem Maße verloren, wie sie
sich von der Sorge um das Heil der höheren Natur des Menschen abgewendet haben.
Eine Kirche, die im Materiellen hängen bleibt, kann nicht als Vermittler zu den
geistigen Welten dienen.
Die Vertreter
der Kirche versprechen dem Volk die Rettung der Seele, doch sie gehen über die
Grenzen der physischen Welt nicht hinaus. (FW III, 334)
Die Besinnung auf den machtvollen Begriff der
Unsterblichkeit der Seele wird die Glaubensgemeinschaften erneuern. Sie können
geistige Autorität wiedergewinnen, wenn sie sich auf ihre eigentliche Aufgabe
zurückbesinnen: Die Menschen zu den höheren Welten, auf den Geistigen Pfad der
Erhebung zu Gott zu führen. Sie sind dazu da, die Seelen zu heilen, zu
nähren, zu pflegen und zu erheben, nicht den vergänglichen Leib.
*****
Kirchen, Tempel, Heilige Orte und Zentren des Glaubens
werden als Gegengewicht gegen den Materialismus dringender benötigt denn je.
Sie erfüllen ihren Sinn aber nur als Stätten reiner Geistigkeit.
Die
ursprünglichen Veranlasser des Baus solcher heiliger Stätten wussten genau,
welches Ziel damit angestrebt wurde. Sie wussten, dass sie
Kommunikationszentren schufen, durch die die Kräfte der Weißen Loge wirken
sollten, und dass durch solche Mittel alle reinen, selbstlosen Seelen konkret
mit den Höheren Mächten in Verbindung treten konnten. In der
Heiligkeit des Zentrums liegt der Grund, weshalb so viel spirituelle Kraft
verloren geht, wenn eine religiöse Gemeinschaft oder ein Priester oder Pastor
degeneriert und der Sinnenwelt oder dem Kommerz verfällt. Der Strom zwischen
dieser Gruppe und dem spirituellen Zentrum wird dann durch die Zerstörung des
Kommunikationszentrums unterbrochen. (TL VII, 381)
Der verkündete Glaube muss konkrete Hilfe und geistige
Führung in allen Fragen des Alltags bieten. Er ist der feste Halt, an dem sich
unser ganzes Leben ausrichtet. Wenn die Kirchen diese Aufgabe nicht erfüllen,
verlieren sie ihre Funktion in der Gesellschaft.
Religion und
Philosophie müssen, wenn sie wahr sein sollen, eine Lösung für jedes Problem
bieten können. (MB I, 219)
Wertlos ist
der Glaube, der einen nicht in seinem ganzen Leben leitet. (FW I, 340)
14. Priester
Nikolaus
Roerich „Zarathustra“
Priester bilden die höchste Stufe der menschlichen
Gesellschaft. Sie sind heilige Menschen, die auf dem Geistigen Pfad so weit
vorangekommen sind, von ihren eigenen Oberen so gründlich gelernt haben, dass
sie diesen Weg weisen, ihn vorangehen und die Menschen aufwärts führen können.
Eine Lehre
ist gut, wenn sie sich in würdigen Händen befindet. (Br II, 564)
Als Wegbereiter darf ein Priester nicht eine Richtung
weisen, in die er selbst gar nicht geht. Er ist ein Vorbild an Gehorsam, denn
anders kann er die Menschheit nicht von der Nützlichkeit der höheren Gebote
überzeugen.
Mancher hält
Vorträge über Reinheit, ist jedoch selbst äußerst schmutzig. Wird solch eine
Belehrung überzeugen? Oder ein träger Mensch ruft zur Arbeit auf, wer aber wird
ihm Aufmerksamkeit schenken? (Br I, 450)
Er soll nicht viele Worte machen, sondern den Menschen
durch sein Beispiel zeigen, wie sie zum Heil gelangen und das Reich Gottes auf
Erden errichten können.
Ich züchtige
meinen Leib und zähme ihn, dass ich nicht den anderen predige und selbst
verwerflich werde. (1. Kor 9, 27)
Ein Priester ist jemand, der der höheren Welt näher
steht als andere. Er muss uns wirklich den göttlichen Segen vermitteln können.
Nur der kann ein wahrer Seelenführer sein und die Menschen zu Gott führen, der
das Göttliche in ihnen weckt und sie das spirituelle Leben, die Verbindung mit
den höheren Welten lehrt.
Rembrandt: Der
Mennonitenprediger Anslo und seine Frau
Der Geistliche erfüllt in der Gemeinschaft die hohe
Aufgabe der Auslegung der Heiligen Schriften. Immer haben die Menschen
inspirierte Führer gesucht, die ihnen die Worte des Herren verdeutlichen und
ihre Anwendung auf die Fragen der Zeit erklären. Durch die wahrhaft
bevollmächtigten Priester sprechen die Mahatmas zu Ihrer Gemeinde.
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Die Priester kennen, verkünden, erläutern und
vermitteln den Willen Gottes. Insofern sind sie Geistige Führer, die in allen
Bereichen des menschlichen Lebens mitbestimmen - von Politik und Wirtschaft bis
hinunter zum alltäglichen Familienleben. Sie müssen sicherstellen, dass überall
der Höhere Wille tatsächlich ausgeführt wird.
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Zum Priesterberuf dürfen nur die besten,
feinfühligsten Geister, wirkliche Autoritäten zugelassen werden. Ihre
Ausbildung und Qualifikation darf nicht vorrangig wissenschaftlicher oder
intellektueller Natur sein. Sie müssen vielmehr ihr Herz für die höhere
Verbindung schulen und bereit machen, aus der allein sie selbst die notwendige
Führung erhalten.