AGNI YOGA WEB TV
SENDEREIHE
„EINFÜHRUNG IN AGNI YOGA“
SENDUNG 8
Tod und Wiedergeburt
Meine Damen und Herren,
ich begrüße Sie zu Sendung 8 unserer Reihe „Einführung
in Agni Yoga“.
Heute geht es um ein weiteres existentielles Problem
des menschlichen Daseins: Was geschieht mit uns nach dem Tod? Wenn Sie richtig
leben wollen, müssen Sie eine befriedigende Vorstellung davon haben, was Sie
nach dem Tod erwartet. Wenn Ihre Seele ewig ist, kommt es auf mehr an als nur ein
einzelnes irdisches Leben.
Sie nehmen die Unsterblichkeit der Seele nicht
wirklich ernst, sonst würden Sie sich nicht mit den kindischen, offensichtlich
unzureichenden Erklärungen über das Jenseits zufriedengeben, die das heutige
abendländische Denken anzubieten hat.
1.
Kein Ende, kein Stillstand
Wir hatten schon in der Sendung über das
Evolutionsgesetz festgestellt: Es gibt im Universum kein Ende und keinen
Stillstand, sondern nur unbegrenzte Entwicklung.
Wenn Sie sich der Ewigkeit Ihres geistigen Wesens
wahrhaft bewusst geworden sind, können Sie nicht mehr glauben, dass Sie nach
dem Tod Ihres physischen Körpers ruhen und schlafen sollen, um erst nach Äonen zum
Jüngsten Gericht wieder aufgeweckt zu werden. Noch weniger werden Sie für
möglich halten, dass danach ein endgültiger, ewig gleicher Zustand eintreten
soll, den Sie entweder im Himmel oder in der Hölle verbringen.
Ihre Seele kann nicht sterben. Sie kann ihrer feurigen
Natur nach auch nicht eine Ewigkeit lang ruhen, sondern nur unermüdlich in
allen Welten wirken.
Das Streben der unsterblichen Seele nach
Vollkommenheit kann nicht mit dem Daseinswechsel abrupt enden. Ein ewiger
Stillstand ist vollkommen undenkbar und selbst im Himmel unerträglich: Nur
Bewegung ist Leben, Stillstand ist Tod.
Hören wir die schönen Worte Goethes:
Die
Überzeugung unserer Fortdauer entspringt mir aus dem Begriff der Tätigkeit.
Denn wenn ich bis an mein Ende rastlos wirke, so ist die Natur verpflichtet,
mir eine andere Form des Daseins anzuweisen, wenn die jetzige meinen Geist
nicht ferner auszuhalten vermag. (Goethe zu Eckermann, 4. Februar 1829)
2.
Reinkarnation
Wenn der abendländische Mensch in der Erkenntnis
voranschreiten, überholte Denkweisen überwinden und auf eine neue Stufe
vorstoßen will, muss er sich mit dem Gesetz der Wiedergeburt vertraut machen.
Auf dem Weg zu einer allen Menschen gemeinsamen Weltreligion ist dieses
östliche Konzept der heutigen Lehre des Christentums sicherlich überlegen.
Dieses Gesetz besagt: Ihre Seele geht nach dem Tod des
Körpers in die Höhere Welt über. Nach einer bestimmten Frist kehren Sie auf die
Erde zurück, um erneut als Mensch - nicht als Tier! – wiedergeboren zu werden.
„Seelenwanderung“ ist ein zutreffender Begriff: Unser
wahres Wesen befindet sich auf einem ewigen Pilgerpfad. Es betritt dabei verschiedene
Ebenen und nutzt dort vorübergehend geeignete Hüllen (Körper), durch die es
wirken kann, die es aber bei Verlassen der Sphäre zurücklässt.
Von größter Bedeutung ist, dass Sie lernen, Ihren
ewigen Weg als ein einheitliches Leben zu begreifen, das sich nur in
verschiedenen materiellen und nicht-materiellen Räumen abspielt. Sie müssen
sich Ihre unendliche Existenz so vorstellen:
Ihre Seele kommt aus der Jenseitigen Welt. Sie steigt
bei der Geburt herab auf die Erde, um dort in einem vergänglichen Körper eine
kurze, sterbliche Existenz als Frau Müller oder Herr Meier zu führen. Nach dem
Tod des Körpers kehrt sie nach oben in ihre wahre Heimat zurück, um dort
weiterzuleben. Nach einiger Zeit geht es wieder nach unten zu einem neuen
irdischen Leben, dieses Mal als Frau Schulze oder Herr Schröder. So geht es
ewig fort.
Sie sehen hier erneut, was wir schon in der Sendereihe
„Experiment Unsterblichkeit“ besprochen haben: Sie sind nicht Frau Müller oder
Herr Schulze – diese vorübergehende Identität wird in 80 Jahren schon nicht
mehr existieren. Sie sind Ihr geistiges Wesen, die Seele, die in vielen Welten
ewig lebt.
Wir haben schon in der Reihe „Experiment
Unsterblichkeit“ besprochen und werden später noch vertiefen, wie Sie Ihre
ewige Individualität heranbilden, wachsen lassen und stärken können.
Übrigens sind auf der Zeichnung die Lebenslinien oben nicht
zufällig länger gezeichnet als die unten: Sie verbringen in der geistigen Welt
viel mehr Zeit als auf der Erde. Auch daraus ersehen Sie, dass dort oben und
nicht hier unten Ihre wahre Heimat ist.
3.
Aufspeicherungen bleiben erhalten
Wir hatten schon gesagt (Sendereihe „Experiment
Unsterblichkeit“, Sendung 1 „Der Schatz“): Ohne Anerkennung Ihrer ewigen
Existenz ist Ihr Leben ohne Sinn – absurd, wie die modernen Philosophen
herausgefunden haben.
Das Streben nach Schönheit und Vollkommenheit, das Sie
mit solcher Kraft und Gewissheit in sich spüren, wäre sinnlos und vergeblich,
wenn Ihnen nur ein Erdenleben zur Verfügung stünde: Eine solche allzu kurze Zeitspanne
genügt nicht auch nur annähernd, um das gigantische Potential zu entfalten, das in Ihnen steckt.
Außerdem: Warum sollten Sie sich anstrengen, um sich
zu reinigen und zu verfeinern, wenn alles, was Sie sich erringen, mit dem Tod
restlos vernichtet wird? Eine solche Sicht der kosmischen Ordnung verleitet
leider so manchen dazu, Bemühungen zum Erreichen der Vollkommenheit gar nicht
erst zu unternehmen.
Demgegenüber eröffnet Ihnen das Gesetz der
Wiedergeburt unermessliche Möglichkeiten: Keine Ihrer Anstrengungen ist jemals vergeblich:
Ihre Essenz geht mit dem Tod nicht verloren, sondern bereichert Ihr ewiges
Geisteskorn. Die Errungenschaften, die guten und schlechten Eigenschaften, die
Sie aus den Erfahrungen vieler Existenzen ansammeln, bleiben der Seele als
Aufspeicherungen erhalten und begleiten Sie weiterhin auf Ihrem unendlichen Weg.
Jedes neue Leben gibt der Seele neue Möglichkeiten,
Erfahrungen zu sammeln und sich weiter zu vervollkommnen. Das heißt, ihre
Aufspeicherungen zu verbessern - oder auch zu verschlechtern oder ganz zu
verlieren.
Es gibt keine angeborenen, sondern nur in früheren
Leben bereits entwickelte Eigenschaften.
Man sollte Errungenschaften wie die Befreiung von
schlechten Gewohnheiten nicht für ein Leben anstreben, sondern für die
Ewigkeit.
4.
Aufspeicherungen als wahrer Reichtum
Die Individualität, der einzigartige Charakter jedes
Menschen bildet sich durch das Zusammentreffen seines ewigen Geisteskorns mit
den wechselnden materiellen Verhältnissen, aus den Erfahrungen, die das Ego in
allen Welten macht.
Sie besteht aus den dem Geisteskorn anhaftenden positiven
und negativen Anhäufungen. Diese sind unser wahrer Reichtum. Viel wichtiger ist
es, sich um diese Aufspeicherungen zu bemühen als um Dinge, die wir spätestens
mit dem Tod verlieren.
Sie sind die Schätze, die ewigen geistigen Güter, die
wir nach den Worten Jesu statt
irdischer Reichtümer sammeln sollen:
Ihr sollt
euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen
und wo die Diebe nachgraben und stehlen. Sammelt euch aber Schätze im Himmel,
wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht nachgraben noch
stehlen. Denn wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz. (Mt 6, 19, 20)
Oder hören wir noch einmal Goethe:
Was man tief
in seinem Herzen besitzt, kann man durch den Tod nicht verlieren.
Die in früheren Inkarnationen erreichte Stufe der
Errungenschaft bestimmt unsere heutigen Möglichkeiten.
Es ist gerade der Sinn der vielen Inkarnationen, Ihnen
zu ermöglichen, sich unter verschiedenen Umständen zu prüfen, überholte
Gewohnheiten abzulegen und neue, noch fehlende Eigenschaften zu erwerben.
5.
Vervollkommnung nur auf Erden
Drei Überlegungen sollten auch den skeptischen
Abendländer von der Zweckmäßigkeit der Wiedergeburtslehre überzeugen:
Die erste lautet: Wenn die Seele des Unsterblichen, Ihre
ewige Individualität, abgesehen von vorübergehenden Ruhezeiten, in
Unbegrenztheit weiterwirkt, was liegt dann näher als die Annahme, dass dies auf
absehbare Zeit auf dem Planeten geschieht, an den Sie zunächst gebunden sind -
auf der Erde? Es mögen sich Ihnen später höhere Welten erschließen -
einstweilen aber haben Sie hier noch so viel zu lernen, dass auch Sie selbst
sich keinen anderen Ort vorstellen können, der für Ihr Fortkommen besser
geeignet wäre.
Die Menschen sind in ihrem heutigen Zustand noch
keineswegs über die Verhältnisse auf Erden hinausgewachsen und damit noch nicht
reif für den „Himmel“ oder für andere höhere Welten. Welchen Sinn sollte es
also haben, sie schon jetzt auf eine andere, gar eine höhere Ebene zu
versetzen? Sie würden sich dort nicht zurechtfinden und auch nicht wohlfühlen. Es
entspricht also dem Gesetz der Zweckmäßigkeit, dass Sie solange auf die Erde
zurückkehren, wie Sie hier noch etwas zu erarbeiten haben.
6.
Erinnerungen an frühere Leben
Der zweite Beweis für die Reinkarnation sind
Erinnerungen an frühere irdische Leben, die viele Menschen haben, zum Beispiel
unter Hypnose.
Manche erinnern sich – wie wissenschaftlich erforscht
wird - an fremde Sprachen.
Der eine oder andere von Ihnen hat wohl schon einmal
festgestellt, dass er eine verwandte Seele, einen „alten Bekannten“ aus einem
früheren Leben wiedergetroffen hat. So sagt erneut Goethe zu Charlotte v. Stein:
Ach, du warst
in abgelebten Zeiten
Meine
Schwester oder meine Frau. (Gedicht „Warum gabst du uns die tiefen Blicke“)
Erinnerungen an frühere Leben haben vor allem Kinder.
Sie stehen in den ersten sieben Jahren der jenseitigen Welt noch sehr nahe, so
dass die Erinnerung an die Vergangenheit, an frühere Leben vor der Geburt noch
nicht blockiert ist. Tut nicht der Kindermund die Wahrheit kund, wenn er sagt:
„Damals, als ich groß war“?
7.
Verschiedenheit der Menschen durch Aufspeicherungen
Schließlich können nur die angesammelten Erfahrungen
aus früheren Leben erklären, warum die Menschen von Geburt an so verschieden
sind. Es ist ganz offensichtlich, dass die Kinder aus der Vergangenheit etwas
Eigenes mit auf die Erde bringen, das nicht durch die Verhältnisse dieses
Lebens erklärt werden kann.
Welche Erleichterung für geplagte Eltern, wenn sie
erkennen, dass sie für das, was ihr Kind mitbringt, nicht verantwortlich sind! Das
Kind ist schon in einem solchen Maß als eigene Persönlichkeiten ausgebildet,
wie dies in den wenigen Jahren seines gegenwärtigen irdischen Lebens niemals
möglich wäre. Kleinste Kinder sanfter Eltern können wahre Teufelchen sein -
oder ein Genie wie Mozart, der mit
acht Jahren seine erste Symphonie komponierte.
Hören wir einige Takte dieses klingenden Beweises der
Reinkarnation:
Wolfgang
Amadeus Mozart (1756–1791), Symphonie Nr. 1 Es-Dur, KV 16,
2. Satz
(Andante), komponiert 1764
Die Weisheit, die aus diesen Tönen spricht, können Sie
weder mit der musikalischen Erziehung durch den Vater noch mit sonstigen
Lebensumständen erklären. Hier spüren Sie den Geist eines großen Meisters, eine
Vollendung schon in der Kindheit, die auf keinem anderen Weg als durch hartes
Streben über viele Leben hinweg erlangt werden kann.
Glauben Sie doch nicht an das Ammenmärchen, die
himmlischen Mächte würden aus einem Füllhorn Begabungen aller Art ohne
Rücksicht auf die innere Berechtigung wahllos und willkürlich über Würdige und
Unwürdige ausschütten! Das ist eine erbärmliche Vorstellung!
Agni Yoga sagt: Alles
ist Arbeit und Erfahrung. (AY 225). Man kann den Entwicklungsstand höher
stehender Menschen nur damit erklären, dass sie durch ihre Bemühungen in
früheren Leben weiter vorangekommen sind als die anderen. Jedem ist es möglich,
im Laufe vieler Leben Stufe für Stufe aufzusteigen.
Beginnen Sie, sich selbst zu analysieren. Dann können
Sie durchaus herausfinden, ob Sie früher etwa schon spirituell oder
intellektuell, führend verantwortlich, handwerklich oder künstlerisch tätig
waren - das heißt, ob Sie die entsprechenden Eigenschaften schon entwickelt
haben oder noch nicht.
Oder spüren Sie eine Affinität zu bestimmten Orten, bestimmten
Ländern, bestimmten Personen oder bestimmten Zeiten? Dann sind Sie vermutlich
in einem früheren irdischen Leben einmal mit diesen in Berührung gekommen.
8.
Bibel und Wiedergeburt
Im Neuen Testament finden Sie einen deutlichen Hinweis
auf die Reinkarnation der Seele in den Worten Jesu über Elias und Johannes den Täufer:
Die Jünger fragen nach der Prophezeiung des Maleachi (Mal 3, 1, 23, 24): Will nicht der Herr seinen Boten, den Propheten Elias senden, ehe Er auf die Erde kommt
(Mt 17, 10)? Darauf Jesus:
Elias soll
freilich kommen und alles zurechtbringen. Doch ich sage euch: Elias ist schon
gekommen, aber sie haben ihn nicht erkannt, sondern haben mit ihm getan, was
sie wollten. (Mt 17, 11, 12)
Da verstanden die Jünger, dass er Johannes den Täufer meinte (Mt
17, 13). Johannes der Täufer ist also der wieder auf Erden
erschienene Elias: Und so ihr's wollt annehmen: Er ist der
Elias, der da kommen soll. (Mt 11, 10, 14)
Schon der Engel kündigte an, Johannes werde vor dem Herrn
hergehen in Geist und Kraft des Elias (Luk 1, 17). So wird er auch
äußerlich als Elias ähnlich
dargestellt (vgl. Mt 3, 4; 2. Kön 1, 8).
Die Bibel schildert also unmissverständlich, dass der
Geist des Elias in Johannes weiterwirkt.
9.
Frühes Christentum und Wiedergeburt
Das frühe Christentum hat die Wiedergeburt weithin
bejaht, insbesondere der große Kirchenlehrer Origenes und die Gnostiker. Diese Lehre wurde erst im Jahre 553 im
Zusammenhang mit dem zweiten Konzil von Konstantinopel als Häresie verdammt.
Dabei haben nicht nur theologische, sondern auch
weltliche Erwägungen eine Rolle gespielt: Das Konzil selbst äußert sich gar nicht
zur Wiedergeburtslehre. Sie wird in einem Edikt des oströmischen Kaisers Justinian verworfen, von dem unklar ist,
inwieweit es überhaupt die Billigung der Kirche und des Papstes gefunden hat.
Tatsache ist jedenfalls, dass Justinian
den damaligen Papst Vigilius solange
körperlich bedrohen und misshandeln ließ, bis dieser sich seinem Willen fügte.
Es ist nicht zu übersehen, dass sich die Stellung der
Kirche als Mittlerin der göttlichen Gnade nicht halten lässt, wenn sich der
Mensch selbst durch sein eigenes Streben im Laufe vieler Leben der
Vollkommenheit annähern kann.
10.
Platon und Wiedergeburt
Die Behauptung, die Wiedergeburtslehre sei als ein
östliches Konzept dem westlichen Denken fremd, ist unsinnig. Bei der Begründung
des abendländischen Weltbildes durch Pythagoras
und Platon war der
Wiedergeburtsgedanke ganz selbstverständlich mit eingeschlossen. Erst die
Kirche hat ihn später daraus wieder entfernt.
Platons Dialog „Phaidon“ ist ganz dem Leben der unsterblichen
Seele vor der Geburt und nach dem Tod gewidmet. Der Christ kommt nicht umhin, Platons Gedankengang zu folgen: Wenn die
Seele unsterblich ist, muss sie schon vor unserer Geburt existiert haben.
Am Ende des Dialoges „Der Staat“ erzählt Platon von einem, der schon für tot
galt, dann aber aus dem Jenseits zurückkehrt und berichtet, was er dort gesehen
hat: Von der Belohnung der guten und der Sühne der üblen Taten in der Höheren
Welt, von dem ewigen Gesetz, das jedem das Seine zuteilt, und von den Seelen,
die sich nach gewisser Zeit ein neues Erdenleben auswählen.
Sokrates endet mit den Worten: Wer dieser Lehre folge, werde
seine Seele
fleckenlos bewahren. Wenn wir, wie ich es lehre, an die Unsterblichkeit der
Seele und an ihre Kraft glauben, alles Böse und Gute, das sie trifft, zu
überdauern, so werden wir für immer an dem Wege nach oben festhalten und werden
all unser Streben der Gerechtigkeit und der Vernunft widmen. So sind wir unsere
eigenen und der Götter Freunde. (10. Buch, XVI)
Zu dieser uralten Weisheit müssen wir wieder zurückfinden.
11.
Der Übergang als Daseinswechsel
Böcklin „Die Toteninsel“
Die Einstellung zum Tod offenbart die Höhe der spirituellen
Kultur einer Zeit. Es ist beschämend, wie viele Menschen, die sich Christen
nennen, von Angst vor dem Tod erfüllt sind. Sie beweisen damit ihren Materialismus
und ihren Mangel an höherem Wissen. Die überlieferte Glaubenslehre bietet ihnen
keinen Trost und keine Hilfe mehr. Der Irrglaube, mit dem Tod sei die Existenz
zu Ende, stößt die Menschen in einen schrecklichen Abgrund ohne Ausweg. Er
macht gerade ihre höchsten Möglichkeiten – die Evolution ins Unbegrenzte -
zunichte.
Den Tod des Körpers gibt es nur, um der Seele zu
ermöglichen, sich von alten, überlebten Formen zu lösen und neue, bessere zu
bilden.
Der sogenannte Tod ist nur ein Übergang in einen
anderen Daseinszustand, ein Übertritt von einer Ebene auf eine andere, oder,
wie Agni Yoga so schön sagt, ein Schritt in
das nebengelegene Gemach (Br II, 894).
Oder noch ein weiteres, treffendes Zitat:
Der Tod
bedeutet nicht mehr als ein Schneiden der Haare, bei dem ebenfalls Materie
abgegeben wird. (BGM II, 100)
Die Seele kehrt in die Gefilde des Geistes, ihre
Heimat zurück. Für den Geist ist es geradezu eine Erlösung, vom Gefängnis des
Leibes befreit zu werden.
Sie setzen im Jenseits Ihre Arbeit fort. Sie treffen dort
Ihre „Seelenverwandten“ wieder, diejenigen Wesen, mit denen Sie wirklich geistig
verwandt sind.
12.
Übergang in Zuversicht
Von diesem Wissen erfüllt, können Sie die Furcht
ablegen und ruhig und zuversichtlich, ja sogar freudig hinübergehen.
Jetzt verstehen Sie, wie Bach singen konnte: „Komm,
süßer Tod“ oder: „Ich sehne mich nach
meinem Tod“; woher er die Kraft und Zuversicht nahm, diese Zeilen mit so
wunderbar tröstenden Melodien zu schmücken, dass sie uns schließlich zur Ruhe
bringen wie die Schlaflieder unserer Kindertage.
Dieselbe Weisheit spricht aus Mozarts wunderbaren Worten an seinen Vater:
Da der Tod
(genau zu nehmen) der wahre Endzweck unseres Lebens ist, so habe ich mich seit
ein paar Jahren mit diesem wahren, besten Freund des Menschen so bekannt
gemacht, dass sein Bild nicht allein nichts Schreckendes mehr für mich hat,
sondern recht viel Beruhigendes und Tröstendes. Und ich danke meinem Gott, dass
er mir das Glück gegönnt hat, mir die Gelegenheit zu verschaffen, ihn als den
Schlüssel zu unserer wahren Glückseligkeit kennen zu lernen. Ich lege mich nie
zu Bette ohne zu bedenken, dass ich vielleicht, so jung als ich bin, den andern
Tag nicht mehr sein werde - und es wird doch kein Mensch von allen, die mich
kennen, sagen können, dass ich im Umgang mürrisch oder traurig wäre. Und für
diese Glückseligkeit danke ich alle Tage meinem Schöpfer und wünsche sie von
Herzen jedem meiner Mitmenschen. (Brief vom 04.04.1787)
13.
Übergang in Würde
Ebenso wie um ein würdiges Leben sollten wir uns um
würdiges Sterben bemühen. Wie sagt Seneca
so richtig:
Schlecht wird
leben, wer immer nicht weiß, gut zu sterben. (Über die Seelenruhe, XI,4)
Die Stunden des Übergangs sind entscheidend für den
Platz, den Sie im Jenseits einnehmen werden. Sie müssen sich schon auf Erden
rechtzeitig und gründlich auf den Übertritt und das künftige Leben vorbereiten.
Es wäre ein schwerer Fehler, damit erst im letzten Augenblick zu beginnen -
dann ist es zu spät, um noch die Fertigkeiten zu erwerben, die Sie in den
neuen, so ganz anderen Verhältnissen Oben dringend benötigen werden.
Der Übergang in die höhere Welt ist ein wichtiger
Schritt auf Ihrer unendlichen Lebensbahn. Sie müssen sich bemühen, ihn würdig,
feierlich und freudig zu gestalten. Das Bewusstsein der Unsterblichkeit wird
mit der Zeit eine ganz andere als die bestehende, traurige und niederdrückende
Sterbekultur hervorbringen.
Aber auch die Zurückbleibenden müssen lernen, sich dem
Hinübergehenden gegenüber richtig zu verhalten. Oft sind sie es, die die
Konzentration auf einen würdigen Übergang stören, indem sie – im Grunde aus
Egoismus - jammern und versuchen, den Scheidenden unbedingt zurückzuhalten.
Tolstoi - einer der größten Geister aller Zeiten - ist vor seiner
Familie davongelaufen und auf einer elenden Bahnstation inmitten der Wildnis gestorben.
Lassen Sie es nicht dazu kommen! Bereiten Sie sich rechtzeitig vor!
14.
Keine lebensverlängernden Maßnahmen
Die herkömmlichen medizinischen Maßnahmen, um das
Leben zu verlängern oder nahezu Tote wieder ins Leben zurückzurufen, sind unsinnig
und schädlich, weil sie die Würde des Übergangs verletzen.
Sie zeugen von Unwissenheit über die höhere Natur des
Menschen. Welchen Sinn soll es im Angesicht der Unendlichkeit haben, den
Aufenthalt des Wanderers auf Erden, der sich seinem natürlichen Ende zuneigt, künstlich
zu verlängern - um einen Zeitraum, der angesichts seines ewigen Weges
jedenfalls vollkommen unbedeutend ist?
Es ist offensichtlich widersinnig, das höhere Wesen
des Menschen zu verletzen, um den Zerfall seiner niederen Natur noch einen
winzigen Moment länger hinauszuschieben. Warum hält man eine unsterbliche
Seele, deren Zeit zur Rückkehr in die Heimat gekommen ist, zwangsweise hier
unten fest?
15.
Streben in die höchsten Sphären
Nikolaus
Roerich „Morgenstern“
Wenn Sie hinübergehen, müssen Sie bemüht sein, in
möglichst hohe Sphären zu gelangen. Der Moment des Überganges ist entscheidend
für die Höhe, die Sie erreichen.
Wenn Sie ein Ziel im Jenseits fest im Auge haben –
z.B. die Wohnstätte Ihres wahren, geistigen Vaters – und mit aller Macht dorthin
streben, werden Sie die schrecklichen niederen Schichten der nicht-materiellen Welt
rasch durchqueren und in höhere, lichtere Gefilde vordringen können.
Wer dagegen unvorbereitet und ohne eine klare
Vorstellung davon hinübergeht, was ihn drüben erwartet und wie er sich dort zu verhalten
hat, wird in den niederen Sphären hängenbleiben und dort für lange Zeit ziellos
umherirren.
Die Gefühle und Gedanken, die Sie in den letzten
Augenblicken Ihres irdischen Lebens hegen, bestimmen entscheidend die Richtung,
in die es mit Ihnen danach geht: nach oben oder nach unten.
16.
Moment des Überganges
Agni Yoga lehrt: Sterblich sind Sie, wenn Sie auf
jeder Ebene ein neues Bewusstsein bilden (Herr Meier, Frau Müller), das mit dem
Verlassen dieser Welt schon wieder endet.
Unsterblich sind Sie, wenn Sie ein einheitliches
Bewusstsein (nämlich das Bewusstsein Ihrer wahren, ewigen Individualität) über
die verschiedenen Daseinswechsel hinweg bewahren; wenn Sie immer ein und
dieselbe Persönlichkeit sind, gleich, auf welcher Ebene Ihres ewigen Weges Sie
sich gerade befinden.
Dementsprechend ist es möglich, bewusst, ohne
Unterbrechung, mit vollem Bewusstsein in die geistige Welt hinüberzugehen. Das
können Sie üben, indem Sie versuchen, den Übergang in den Schlaf – des Todes
Bruder – und das Aufwachen bewusst, ohne Unterbrechung des Bewusstseins zu
erleben. Wir gehen darauf an anderer Stelle noch näher ein.
Es heißt richtig: „Der
Tod öffnet die Augen.“ Der Moment des Übergangs ist ein Augenblick
besonderer, höchster Bewusstheit. Es wird Ihnen ein kurzer Moment heller
Erkenntnis zuteil, der Ihr ganzes Leben blitzartig erleuchtet. Sie können dann alle
seine Ereignisse unter dem Gesichtspunkt der Ewigkeit in ihrer wahren Bedeutung
erkennen.